Digitales Lesen im Schulalltag

Prof. Dr. Andreas Gold
Goethe-Universität Frankfurt/Main

Am Bildschirm wird meist schneller, oberflächlicher und weniger sorgfältig gelesen als auf Papier. Der Bildschirm triggert einen oberflächlichen Lesemodus. Das ist nachteilig, wenn es um (längere) Sachtexte geht. Bezahlen wir für die digitalen Möglichkeiten also mit einem geringeren Textverstehen? Weniger problematisch scheint das digitale Lesen literarischer Texte. Die Ursachen der Bildschirmunterlegenheit beim Sachtextlesen sind bekannt – ebenso ist bekannt, was sich dagegen tun lässt. Groß sind allerdings auch die Potenziale und Vorzüge des digitalen Lesens. Viel leichter lassen sich digitale Texte den besonderen Bedürfnissen der Leserinnen und Leser anpassen. Und für das informatorische Lesen – also das rasche Suchen und Finden von Informationen in einem Text – sind die digitalen Lesemedien ebenfalls vorteilhaft. Ihr besonderes Potenzial entfalten die digitalen Lesemedien dann, wenn es um das Online-Lesen multipler und interaktiver Texte geht. Hier bieten sich Lernmöglichkeiten, die es beim Lesen auf Papier gar nicht gibt. Allerdings sind auch besondere Anforderungen mit dem Lesen von Hypertexten verbunden. Das kompetente Navigieren, die Fähigkeit zur kritischen Quellenprüfung und die Fähigkeit zum Integrieren widersprüchlicher Informationen gehören dazu.

Niemand kommt am digitalen Lesen vorbei. Erst recht nicht unsere Kinder und Jugendlichen, unter denen es ohnehin schon einen (viel zu) großen Anteil Leseschwacher gibt. Der kompetente Umgang mit digitalen Texten kann und muss gelernt werden. Am Kurstag

  • erfahren Sie den aktuellen Wissensstand zum Bildschirmlesen aus pädagogisch-psychologischer und kognitionspsychologischer Sicht.
  • werden Sie anhand einer Lesesituation mit digitalen und analogen Texten selbst vergleichen können, wo die besonderen Potenziale und Risiken des Bildschirmlesens liegen.
  • wird für Kinder und Jugendliche unterschiedlichen Alters illustriert, wie sich die Fähigkeiten zum digitalen Lesen fördern lassen.
  • Werden Sie beispielhaft schulische Trainingsprogramme zum lateralen Lesen und zum kompetenten Online-Lesen kennenlernen.
  • wird auch das Lesen mit den Ohren (Audio-Books) thematisiert.

Arbeitsformen:

Vor dem Kurstag machen Sie sich bitte Gedanken über Ihre eigenen digital/analogen Leseerfahrungen in Bezug auf das Lesen von Sachtexten sowie in Bezug auf das Lesen von literarischen Texten. Zur Vorbereitung auf den Kurs erhalten Sie zwei (digitale) Texte, die Sie bitte anhand von Leitfragen durcharbeiten. Im Seminar wird es Präsentationen des Dozenten geben, Phasen der Gruppenarbeit sowie Möglichkeiten zur Selbsterfahrung – damit Sie sich dessen bewusst werden, dass wir auf Bildschirmen anders lesen als auf Papier. 

Literaturhinweis

Andreas Gold (2023): Digital lesen. Was sonst? Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht.