Migration und interkulturelle Beratung im Spannungsfeld von Systemen

Prof. em. Dr. Andrea Lanfranchi
Interkantonale Hochschule für Heilpädagogik (HfH), Zürich

Wenn Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund oder ihre Eltern in die Krise „gesegelt“ sind, bemühen sich viele wohlmeinende Helfende aus nah und fern, den richtigen Kurs zu weisen: Familienmitglieder und Freunde hier und dort; engagierte Kulturexperten aus der jeweiligen ethnischen Gruppe; Fachpersonen unterschiedlicher Fachrichtungen; Institutionen (Schule, Heim, SPD, KJP, JFB…). Auf diese Weise kommt eine Palette von Sichtweisen und Vorschlägen zusammen, die oft derart breit gefächert ist, dass manche Beratung leicht zur Odyssee wird.

Auf der anderen Seite beklagen sich viele Professionelle darüber, dass Migranten wenig „behandlungswillig“ und für „Tiefgreifendes“ kaum motiviert seien. Könnte das auch auf Zugangsbarrieren „unserer“ psychosozialen Versorgung beruhen – bzw. mit der interkulturellen (In)Kompetenz von Berater und Therapeutinnen zu tun haben? Wenn ja, wie könnten wir fachlich qualifizierte Antworten für die Beratungsarbeit entwickeln? Anhand exemplarischer Fälle (des Kursleiters und der Teilnehmenden: bitte supervisorische Anliegen mit- und einbringen!) versuchen wir, von innen her zu erkunden, was bei Individuen, Familien und an den Nahtstellen zum Schulsystem und anderen Systemen geschieht – und wie sie mit Übergängen fertig werden können.

Kursziel:Der Kurs vermittelt die wichtigsten Kenntnisse für den Umgang mit Kindern und Familien mit Migrationshintergrund in Beratung und Therapie. Im Zentrum stehen exemplarische Fälle. Nach dem Meilener Modell des Fallverstehens in der Begegnung wird erkundet, was bei Individuen und Familien, aber auch bei Professionellen im jeweiligen Kontext geschieht – und wie Strukturtransformationen in Krisenlagen gefördert werden können.

Inhalte:

  • Migration als Prozess – ein Phasenmodell
  • Kulturdifferenz: Wann Faktum, wann Konstruktion?
  • Auftragsklärung trotz kultureller oder sprachlicher Verständigungsprobleme
  • Verstehen von und Umgang mit Widerstandssituationen
  • Erschliessen der fallspezifischen Ressourcen und Stressoren
  • Einsatz beziehungsfördernder Mittel
  • Einbindung und Arbeit mit Übersetzerinnen und kulturellen Vermittlern
  • Interkulturelle Öffnung von Organisationen.