Bindungsstörungen im schulischen Kontext
Im Gegensatz zu anderen psychischen Störungen im Kindes- und Jugendalter, existiert über das Störungsbild der Bindungsstörung vergleichsweise wenig gesichertes empirisches Wissen. Vielfach gehen therapeutische Empfehlungen auf die Arbeiten von Bowlby und Ainsworth zurück bzw. beruhen auf Studien der Klinischen Bindungsforschung. Jedoch handelt es sich bei den Bindungsstörungen nicht einfach um eine unsichere Bindung, sondern um spezifische Auffälligkeiten im Beziehungs- und Interaktionsverhalten von Kindern und Jugendlichen, welche gemäß dem derzeitigen Stand der Forschung Folge von deprivierenden Lebensbedingungen in der frühen Kindheit sind. Hierzu zählen, neben Vernachlässigung und Misshandlung, auch häufige Wechsel der Bezugspersonen. Aus Längsschnittstudien wissen wir, dass frühe Traumatisierungen und Deprivationsbedingungen neben der intrapsychischen Symptomatik der Bindungsstörung auch eine Vielzahl körperlicher und psychosomatischer Begleiterkrankungen hervorrufen kann.
Das Ziel des Seminars ist es, die klinische Symptomatik und die Entstehungsbringungen von Bindungsstörungen umfassend dar- und eine Verbindung zum schulischen Kontext herzustellen. Es sollen praxisnahe Anleitungen zum diagnostischen Vorgehen und der Behandlung von Bindungsstörungen gegeben werden. Anhand von verschiedenen Fallvignetten wird der theoretisch erarbeitete Lehrstoff praktisch vertieft.
Lernziele
- Die Teilnehmenden können die Symptome eine Bindungsstörung erkennen und von anderen Verhaltens- und emotionalen Auffälligkeiten unterscheiden.
- Die Teilnehmenden kennen häufige emotionalen, Verhaltens- und psychosomatischen Beschwerden, welche im Zusammenhang mit früher Traumatisierung und Bindungsdeprivation stehen.
- Die Teilnehmenden kennen die wichtigsten Präventions- und Behandlungsmöglichkeiten und sind mit Massnahmen zum Kinderschutz vertraut.
- Die Teilnehmenden können Eltern und Bezugspersonen psychoedukativ beraten.
Literatur
Bolten, M., Schanz, C.G. & Equit, M. (2021). Bindungsstörungen. Hogrefe Göttingen.