Abstracts HS10
Abgeklärt – was jetzt? Ableitung von pädagogischen Unterstützungs- und Fördermassnahmen aus der testpsychologischen Diagnostik
Sibylle Christen, lic. phil., SPD Regionalstelle Baden
Es wurde ein Arbeitsinstrument entwickelt, welches helfen soll, eine Brücke zwischen den Ergebnissen einer schulpsychologischen Abklärung und dem schulischen und alltäglichen Lernumfeld von Kindern und Jugendlichen zu schlagen. Ziel ist, in Rückmeldegesprächen an Lehrpersonen und Eltern, kompetent Auskunft zu geben und aus der testpsychologischen Diagnostik pädagogische Unterstützungs- und Fördermassnahmen abzuleiten. Es wurden Funktionsbereiche aus gängigen Testverfahren im Rahmen schulpsychologischer Abklärungen zusammengetragen; vier basale Funktionsbereiche, die in engem Zusammenhang mit dem Lernen stehen, wurden ausgewählt und weiter bearbeitet. Es handelt sich um: Aufmerksamkeit/Konzentration, Arbeitsgedächtnis, auditive Wahrnehmung und visuelle Wahrnehmung. Für jeden Funktionsbereich wurden folgende Angaben erarbeitet: (1) dazugehörige Konstrukte und Begriffe, diagnostische Verfahren. (2) Zusammenhang mit dem Lernen. (3) Fördermöglichkeiten.
Urteilsbildung in der Erziehungsberatung für Familien mit Kindern im Vorschulalter
Elena Rezzonico, lic. phil., Jugend- und Familienberatung Winterthur
Eltern gelangen an Erziehungsberatungsstellen mit dem Bedürfnis, Antworten auf Fragen zu Entwicklung ihrer Kinder im Vorschul- und Schulalter, zu Problemen im Erziehungs- und Familienalltag sowie zur Förderung des Kindes zu erhalten. Daher hat eine Beurteilung des Entwicklungsstandes von Kleinkindern eine grosse praktische Relevanz, die vielfach direkt in veränderte Handlungsstrategien umgesetzt werden. Eltern, Familiensysteme, Institutionen und KollegInnen erwarten konkrete Aussagen und mitunter „Ratschläge“, wie es in einer problematischen Situation konkret weiter gehen soll. Ebenso ist für die erziehungsberaterische Tätigkeit, für den Aufbau von Förderprogrammen und zur Prognose kindlicher bzw. familiärer Entwicklungen die sachgerechte Verwendung von (pädagogisch-) psychologischen Untersuchungsergebnissen relevant.
Welche konkreten Verfahren im Alltag der Erziehungsberatung für Vorschulkinder Anwendung finden, hängt vom Auftrag, von den Fragestellungen, aber auch von der fachlichen Orientierung der potentiellen AnwenderInnen, dem Erfahrungshintergrund und den praktischen Gegebenheiten ab.
Die Praxisforschungsarbeit setzte sich mit den Möglichkeiten und den Grenzen einer Urteilsbildung innerhalb der Erziehungsberatung für Familien mit Kindern im Vorschulalter auseinander. Hierzu fand eine theoretische wie auch praxisnahe Aufbereitung mit gängigen Entwicklungstests statt. Standardisierte und halbstandardisierte zur Urteilsbildung in der Explorationsphase wurden auf entwicklungspsychologischer und testtheoretischer Grundlage miteinander verglichen. Die abschliessende Bewertung führte zu eienr Empfehlung, welche Verfahren zukünftig gemäss gängigen STandardsin der Erziehungsberatung für Familien mit Kindern im Vorschulalter Anwendung finden sollen. Es handelt sich insbesondere um folgende Instrumente und deren Einsatzbereich:
- Entwicklungsbeurteilung: Entwicklungstest 6 Monate – 6 Jahr (Petermann, Stein & Macha (2006)
- elterliche Erziehungskompetenz : Eltern-Stärken-Test von Tschöpe-Scheffler (2007)
- Anamneseblatt zur Erhebung der wichtigsten kindlichen Aspekte sowie der familiären Dynamik (in Bearbeitung durch die Kleinkindberatung, Jugendsekretariat Winterthur)
Stopp-Gewalt-Training
Tanja Vollenweider-Meier, M.Sc., Kantonspolizei Basel-Stadt, Ressort Besondere Prävention
Das Stopp-Gewalt-Training für Jugendliche wird von der Kantonspolizei Basel-Stadt (Ressort Besondere Prävention) angeboten und durchgeführt. Die Trainings entsprechen einem von Lehrpersonen und Schulleitungen formulierten Bedürfnis nach zusätzlichen Massnahmemöglichkeiten, indem die Lücke zwischen den primärpräventiven Angeboten und den stationären oder externen Massnahmen für massiv gewalttätige Jugendliche geschlossen wird. Das Stopp-Gewalt-Training ist für Jugendliche im Alter zwischen elf und siebzehn Jahren konzipiert, die mit wiederholter Gewalt, Androhung von Gewalt oder Mobbing andere Jugendliche beeinträchtigen und sich dadurch in letzter Konsequenz selber schaden. In fünfzehn Modulen lernen die Jugendlichen ihr gewalttätiges Verhalten zu erkennen und alternative Verhaltensweisen zu entwickeln. Die Jugendlichen sollen Verantwortung für ihr Verhalten übernehmen und ihre Gewaltdynamik verstehen: Der Zugang zu ihren Gefühlen und Ressourcen soll erschlossen, die Empathie entwickelt sowie die Frustrationstoleranz ausgedehnt werden. Auch soziale Kompetenzen werden vermittelt.
Die Teilnehmenden des Stopp-Gewalt-Trainings bilden keine homogene Gruppe: Ihre Biographien, ihr familiäres Umfeld und die Situationen, in denen sie Gewalt ausüben, variieren stark. Eine geschlechtsspezifische Auseinandersetzung ist in den Stopp-Gewalt-Trainings unerlässlich, da Unterschiede und Ähnlichkeiten innerhalb der Geschlechtergruppen beachtet werden müssen. Die Anmeldung zum Training erfolgt durch die Schulleitung oder eine Bezugsperson. Nach einem Erstgespräch im Ressort Besondere Prävention kann sich die oder der Jugendliche für eine Teilnahme entscheiden.
Im Rahmen der Forschungsarbeit wurden mittels Fragebögen zu Beginn und zum Ende des Trainings Daten erhoben, die eine durch die Trainingsteilnahme bedingte Verhaltensänderung erfassen (Selbstauskunft). Ebenso wurden Bezugs- und Lehrpersonen zum Verhalten der Teilnehmenden vor und nach dem Stopp-Gewalt-Training befragt (Fremdbeurteilungen). Gegenwärtig liegen die Angaben von 92 Jungendlichen (Durchschnittsalter 12.6; 20% Mädchen) vor. Es zeigten sich nach dem Training in der Symptom-Checkliste -90-R signifikant niedrigere Werte bei der Unsicherheit im Sozialkontakt und der Aggressivität. In der Child Behaviour Checklist und der Teacher’s Report Form finden sich signifikant niedrigere Werte für das externalisierte Problemverhalten. Schliesslich zeigte sich eine signifikante Abnahme der Legitimation und der Häufigkeit aggressiven Verhaltens erfasst mit dem Fragebogen zur Erfassung von Empathie, Prosozialität, Aggressionsbereitschaft und aggressivem Verhalten.